Online Konferenz zur Wohnungspolitik im Landkreis
Der SPD-Kreisverband Traunstein und seine Ortsvereine haben die Wohnungspolitik zum Schwerpunktthema gemacht. Sie soll Gegenstand einer bis ins kommende Jahr laufenden Initiative „Chiemgau aber bezahlbar“ sein, deren Konzeption und Ablauf einleitend von Christian Oberleitner erläutert wurde. Seit Herbst 2020 arbeitet zunächst intern eine Gruppe engagierter, vor allem jüngerer Mitglieder an dem Thema. Erstes Ziel war, sich ein umfassendes Bild über die generelle Situation und in den einzelnen Orten des Kreises zu verschaffen.
Offizieller Auftakt war nun die Online-Konferenz mit gut 40 Teilnehmern per Zoom und vielen mehr auf Facebook-Live am 22.03. unter Leitung des stellv. Kreisvorsitzenden Sepp Parzinger, bei der zunächst von Hans Schild (BM von Friedolfing und SPDplus Fraktionsvorsitzender im Kreistag) die Handlungsmöglichkeiten der Gemeinden und dann von der Arbeitsgruppe erste Ergebnisse vorgestellt wurden.
Dass die Wohnungsprobleme inzwischen auch auf dem Land angekommen sind ist für Hans Schild nicht mehr wegzudiskutieren. Die Wohnungsversorgung werde angesichts der explodierenden Bau- und Bodenpreise und Mieten zur zentralen politischen Aufgabe der Gemeinden. Dafür biete der Kreis den Gemeinden mit seiner Wohnungsbau-GmbH und dem neu gegründeten Zweckverband „Heimat Chiemgau“ Instrumente an. Andererseits könnten und sollten die Gemeinden aber auch direkt auf die Förderprogramme des Landes und des sozialen Wohnungsbaus zugreifen. Gerade das Kommunale Wohnungsbauförderprogramm des Landes empfahl er nachdrücklich. Zusammen mit KFW-Förderungen könnten Zuschüsse von bis zu 48 % erreicht werden, mit denen für heutige Verhältnisse extrem niedrige Wohnungsmieten möglich sind, ohne an die strengen Vergaberegeln des sozialen Wohnungsbaus gebunden zu sein.
Im Folgenden stellte Tobias Gasteiger die für unseren Kreis wichtigsten Ergebnisse eines von der Staatsregierung beauftragten Gutachtens zur Mietensituation in Bayern und die Entwicklung der Bodenpreise in den Gemeinden vor. Allein in 16 der Gemeinden des Kreises bestehe Wohnungsmangel und die Mietpreissteigerungen der letzten Zeit lägen fast durchgängig bei 3 - 4 % und teilweise bis zu 6 % pro Jahr. Das liegt deutlich über der Steigerung von Löhnen und Gehälter und der übrigen Lebenshaltungskosten. In vier Orten liege die Belastung der Nettoeinkommen durch die Kaltmiete bereits heute über 26 %. Besonders alarmierend seien auch, die Bodenpreissteigerungen. So hätten sich die Baulandpreise von 2010 bi 2018 in 18 Orten des Kreises mehr als verdoppelt teilweise sogar verdreifacht.
Sabine Prechtl berichtete über die Fragebogenaktion bei den Gemeinden. Damit sollten entscheidende Erkenntnisse über die Ausgangslage in den einzelnen Orten gewonnen werden. Fast alle Gemeinden gingen davon aus, dass bei ihnen der Mietwohnungsmarkt angespannt ist, sie hätten aber andererseits keine genauen Kenntnisse über den tatsächlichen Wohnungsbedarf. Folglich gäbe es auch keine Bedarfsplanung. Die Schaffung von neuem Bauland bereite große Probleme. Viele Gemeinden hätten zudem nur einen minimalen Bestand an eigenen und vor allem preisgebunden Wohnungen, die sie einkommensschwachen Bürgern anbieten könnten.
In der folgenden Diskussion wurden viele der angesprochenen Probleme weiter vertieft. Überaus deutlich wurde dabei, dass in den meisten Gemeinden die Wohnungspolitik – vor allem die Situation von Leuten, die eine Mietwohnung brauchen – kaum angekommen ist. Verbreitet waren früher die sog. Einheimischen-Modelle, mit denen bauwilligen Familien erfolgreich geholfen wurde, sich ein Eigenheim zu schaffen – nur das funktioniert heute nicht mehr so leicht. Es gibt immer größere Bevölkerungskreise, die aufgrund der Baukosten- und Bodenpreisentwicklung, den Traum vom Eigenheim nicht mehr realisieren können. Deutlich wurde auch, dass es immer mehr, vor allem jüngere Leute, die von zu Hause ausziehen wollen aber auch generell Singles und junge Paare gibt, die große Probleme bei der Wohnungssuche haben. Auch sie müssten in den Gemeinden zur Miete leben können, nicht nur Eigenheimer. Sie brauchten vielfach erst mal eine kleinere Wohnung, weil sie sich mehr noch nicht leisten können oder sich noch nicht durch Eigentum dauerhaft binden wollen. Der größte Bedarf bestehe bei Wohnungen von 50 – 70 m². Deshalb müsse die Schaffung von mehr geförderten Mietwohnungen, die dauerhaft in der Preisbindung bleiben, oberste Priorität haben. Die Gemeinden sollten daher selber bauen oder Genossenschaften damit betrauen. Und der Kreis solle den Gemeinden bei der Realisierung solche Bauprojekte hilfreich unter die Arme greifen.
Abschließend gab Sepp Parzinger einen Ausblick auf die weiteren geplanten Aktivitäten der SPD-Wohninitiative. Ziel sei es, sich ausführlich und detailliert über das ganze Jahr 2021 hinweg mit der Wohnraumsituation und verschiedene neue Konzepte auseinanderzusetzen. Man will den politischen Druck erhöhen und gut informiert neue Wege aufzeigen, die steigenden Preise fürs Wohnen in den Griff zu bekommen. In den kommenden Monaten sind hierfür unter anderem Veranstaltungen zu den Themen „sozial-gerechte Bodennutzung“, „Fördermöglichkeiten für Kommunen“ und „Genossenschaftswohnen“ geplant. Ebenfalls will sich die SPD-Wohninitiative mit den Landkreisbürger*innen und einer Vielzahl gesellschaftlicher Gruppen im Landkreis über das Thema Wohnen austauschen. „Die SPD werde bei dem Thema nicht locker lassen“, versicherte Parzinger zum Ende der Veranstaltung.
DB