Aufstellungsversammlung des SPD-Ortsvereins Ruhpolding für den Bürgermeisterkandidaten.

Bürgermeisterkandidat in Ruhpolding Claus Pichler
© Helmut Floder

12. November 2019

Claus Pichler ist einstimmig nominiert.

Ohne Gegenstimme hat die Aufstellungsversammlung der SPD den amtierenden Bürgermeister Claus Pichler nunmehr auch offiziell zum Kandidaten für die Bürgermeisterwahl am 15. März 2020 bestimmt.

Bereits in der Monatsversammlung vom September hatte er sich beim Ortsverein als Kandidat vorgestellt und dabei neben seinen persönlichen Beweggründen für die Kandidatur ausführlich dargelegt, was in den elf Jahren seiner bisherigen Tätigkeit erreicht werden konnte. Deshalb ging der Blick diesmal nach vorne. „Mit Erfahrung die Zukunft gestalten“ wird das Motto sein, unter dem er sich in den kommenden vier Monaten um die Zustimmung der Wähler bemühen wird. In seinen zwei Amtsperioden habe er sich einen Erfahrungsschatz aufgebaut, der es ihm ermögliche, das jeweils Beste für Ruhpolding herauszuholen. Er nannte als Beispiel die 49 Mio. €, die von 2009 bis 2018 investiert wurden. Dafür konnten 29 Mio. € an Zuweisungen und Zuschüssen an Land gezogen werden.

Anhand von neun Themenbereichen skizzierte Claus Pichler, wie er sich Ruhpolding in den nächsten sechs Jahren und auch darüber hinaus vorstellt:

1. Bürgernähe
Als großes Kompliment habe er verstanden, dass er einmal als „Meister der Bürger“ bezeichnet worden sei. Mit einer effizienten Verwaltung im Hintergrund verstehe er sich als Anlaufstelle für alle Mitbürger. Es sei längst nicht mehr selbstverständlich in allen Gemeinden, dass man seinen Reisepass noch im Einwohnermeldeamt beantragen könne, dass Trauungen am Samstag durchgeführt werden oder im Rathaus eine Rentenberatung stattfindet. Auf die Zusammenarbeit mit Feuerwehr und den anderen Rettungsorganisationen lege er besonders großen Wert. Deren Situation müsse allerdings verbessert werden. Der Handlungsspielraum sei aber beschränkt, weil man dafür ein Grundstück, Baurecht und letztlich auch eine tragbare Finanzierung brauche. Ein Erfolg im Sinne der Bürger war auch, dass der Standort des Krankenhauses Vinzentinum gesichert werden konnte, das jetzt gerade saniert wird. Positiv in diesem Zusammenhang sei auch die Mitwirkung der Gemeinde an der Entstehung des Hauses der Gesundheit.

2. Wasserversorgung, Abwasserbeseitigung, Hochwasserschutz
Dies alles sind Pflichtaufgaben der Gemeinde. Das Ruhpoldinger Trinkwasser sei sehr hochwertig, und mit der Wasserversorgung West werde ein großer Schritt zu seiner nachhaltigen Sicherung getan. Im Jahr 2020 sollte dieses Projekt abgeschlossen sein, anschließend stünden aber für weitere Jahre Sanierungsarbeiten an der Grashofquelle an. Das Kanalnetz wurde in den Jahren 2008 bis 2012 im Prinzip fertiggestellt. Vom Staat werden aber laufend strengere Vorschriften erlassen und Erschließungen für entlegene Ortsteile gefordert. Solche Maßnahmen könnten dann recht aufwendig sein. Für den Hochwasserschutz werden an Steinbach, Urschlauer Ache und Traun große Baumaßnahmen notwendig werden.

3. Energieversorgung
Der Vertrag mit der Betreibergesellschaft für das Hackschnitzelheizwerk läuft 2020 aus. Der Gemeinderat habe beschlossen, das Heizwerk in der Gemeinde dann selbst zu betreiben. Im gleichen Jahr werde auch die Erdgasleitung nach Ruhpolding verlegt. Die Zielsetzung laute, weniger Kohlenstoffdioxid zu erzeugen mit der Vorstellung im Hintergrund, eines Tages zum umweltfreundlichsten Urlaubsort im Alpenraum zu werden. Der Gemeinderat habe abzuwägen, ob dafür Hackschnitzel, Erdgas, Photovoltaik, Wasserkraft oder eine Mischung aus allem die bessere Energiequelle sei. Notwendig sei aber auch die energetische Sanierung der gemeindlichen Liegenschaften, soweit das nicht schon geschehen sei.

4. Straßenbau und Verkehr
Durch die Ortskernumfahrung konnte in der Ortsmitte vieles verbessert werden. Geregelt werden müsse noch das Umfeld von Sen Vital – Rathaus – Haus der Gesundheit. Bei den Gemeindestraßen sei viel geschehen. Hinterreit-Egg, Froschseestraße, Urschlau und als erstes die Miesenbacher Straße seien saniert. Für den öffentlichen Personennahverkehr ist Ruhpolding in der günstigen Lage, über einen Bahnanschluss zu verfügen. Die Planungen für die Dorflinie liefen auf eine annähernde Verdoppelung des Angebotes hinaus. Eine Lösung müsse auch für die Ausflugsgebiete gefunden werden, weil dort in Spitzenzeiten die Parkmöglichkeiten oft nicht mehr ausreichten und selbst Rettungswege verstellt seien. Man werde diese Schwerpunkte mit Busverbindungen erschließen müssen, dann könne man mit Parkgebühren steuernd eingreifen.

5. Kinderkrippe, Kindergarten und Schule
Die Kinderbetreuung hat sich in den letzten elf Jahren unglaublich verändert. Es sei jetzt selbstverständlich, dass ein Großteil der Kinder über Mittag in der Schule bleiben wollen. Daneben gibt es die Kinderkrippe mit derzeit 35 Plätzen, das Spatzennest im HPZ, mehrere Spielgruppen, eine Waldspielgruppe und den Kindergarten St. Irmgard. Im Endausbau sollte es einen Kindergarten St. Irmgard mit Kinderkrippe und parallel dazu das Spatzennest ebenfalls mit Kindergarten und Kinderkrippe geben. Ein neues Gebäude für den Kindergarten St. Irmgard, das man sich durchaus auch als Holzhaus vorstellen könne, würde in der Schule Räume freimachen, die dort für Mensa und Betreuung notwendig sind. Zum Schuljahr 2020/21 werde das Schulhaus an das Glasfasernetz angeschlossen werden und die Schule damit einen sehr schnellen Internetanschluss bekommen.

6. Freizeitanlagen, Spielplätze, Sportanlagen
Ruhpolding habe auf diesem Gebiet ein weit über dem Durchschnitt liegendes Angebot. Dazu gehören zum Beispiel Hallenbad, Freibad, Eishalle, Skilifte, Loipen und vieles mehr. Auch wenn es sich dabei um touristische Einrichtungen handle, stehen sie doch der einheimischen Bevölkerung und der Region zur Verfügung. Zur Zeit läuft die Sanierung der Leichtathletikanlagen im Waldstadion als Einstieg für weitere dort notwendige Sanierungen in den nächsten Jahren. Der neue Spielplatz in Bibelöd sei sehr gut gelungen, und auch der Skaterplatz ist jetzt da.

Die Chiemgauarena ist in einen Eigenbetrieb umorganisiert worden. Trotzdem lägen Verantwortung und Risiko weiterhin bei der Gemeinde. Über Bundes- und Landeszuschüsse und eigene Aktivitäten müsse erreicht werden, dass sich die Chiemgauarena selbst trägt.

7. Wirtschaftsförderung
Ruhpolding habe zwar neben dem Tourismus faktisch kein zweites großes wirtschaftliches Standbein. Dafür gebe es viele gesunde kleine und mittlere Unternehmen. Diese Struktur sei unter dem Strich gut, weil sie weniger anfällig für Konjunkturschwankungen sei, als das bei einzelnen Großbetrieben der Fall ist. Das Aja-Hotel habe dem Dorf einen großen Schub gebracht. Viele örtliche Betriebe profitierten von einem gesunden Tourismus.

Der Bürgermeister findet es natürlich schade, dass es im Ortskern viele Leerstände gibt. Es werde eine Aufgabe der nächsten Jahre sein, hier in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsförderung des Landkreises, zielgerichtet Unterstützung für Gewerbetreibende und Besitzer von Ladenlokalen zu bieten. Noch wirkungsvoller wäre allerdings ein Umdenken der Kunden in Richtung auf mehr Regionalität beim Einkauf.

Die Sicherung von gewerblichem Baurecht ist nicht einfach. Ruhpolding ist ein Talkessel mit noch dazu überdurchschnittlich vielen Schutzgebieten, in denen die Nutzung stark eingeschränkt ist. Diese Herausforderung müsse aber angenommen werden. Die derzeitige Überarbeitung des Flächennutzungsplanes ist dabei ein wichtiger Schritt.

8. Wohnungsbau
Dies zwar keine Pflichtaufgabe der Gemeinde, habe aber im Ort mit dem Wohnbauwerk eine große Tradition. Der Bestand des Wohnbauwerks sei zwar nicht mehr so hoch, wie er schon einmal war, aber insgesamt besser als in vergleichbaren Gemeinden. Der Gemeinderat habe sich jüngst für mehr gemeindlichen Wohnungsbau ausgesprochen und in Bibelöd die Errichtung eines Wohnhauses mit mindestens 12 Wohnungen in die Wege geleitet. Da dieses Vorhaben vom Freistaat mit 30% gefördert ist, wird dort bezahlbarer Wohnraum entstehen.

9. Haus der Generationen
Das sei eine echte Vision: Mitten im Dorf ein Treffpunkt für Jung und Alt zur Nutzung durch die verschiedensten Gruppen, Vereine und Beratungsangebote. Das Gelände des ehemaligen Kindergarten St. Franziskus zusammen mit dem früheren Pfarrhof bieten sich dafür an. Eigentumsverhältnisse, Denkmalschutz und einiges andere machen dieses Vorhaben aber zu einem dicken Brett, das hier gebohrt werden muss.

Der Bürgermeister nahm auch Stellung zur derzeitigen Diskussion um den Flächennutzungsplan. Nach seiner Meinung gebe es verschiedene Möglichkeiten, das Projekt vorwärts zu bringen. Aber nicht nur er, sondern auch das Planungsbüro halten eine zeitliche Verzögerung für riskant. Die staatliche Gesetzgebung ist mehr und mehr ausgerichtet dabei den Spielraum der Gemeinden weiter einzuschränken. Eine Verschiebung könne hier durchaus kontraproduktiv sein.

„Um Fernziele zu erreichen, bedarf es vieler kleiner Schritte. Um gewählt zu werden, bedarf es des Vertrauens der Bürger. Um dieses werde ich nun bis zum 15. März 2020 werben“, sagte der Bürgermeister in seinem Schlusswort.
HHo