Aktuelles Jubiläum der ersten demokratischen Verfassung am 11. August
Ein aktuelles Thema kündigte Christian Mayer, stellvertretender Vorsitzender der SPD Traunstein, für die Monatsversammlung im Gasthof Haidforst an. Altoberbürgermeister Fritz Stahl, Vorsitzender der Vhs Traunstein, referierte über Deutschlands erste Demokratie und die Einführung des Frauenwahlrechts vor genau 100 Jahren. Am 11.08.1919 unterschrieb Reichspräsident Friedrich Ebert die erste demokratische Verfassung für Deutschland. Bereits am 9. November 1918 hatte der sozialdemokratische Abgeordnete Philipp Scheidemann vom Reichstag in Berlin der wartenden Menge zugerufen: „Es lebe die deutsche Republik!“ In München verkündete in der Nacht vom 7. auf den 8. November Kurt Eisner nach Demonstrationen: „Bayern ist fortan ein Freistaat.“
Lokal interessant sei auch, dass an den Beratungen zur Verfassung in Weimar auch der Hutzenauer (Georg Eisenberger) aus Ruhpolding teilnahm. Die ersten Jahre der jungen Republik seien äußerst schwierig gewesen, denn es galt die Truppen geordnet aufzulösen, Nahrung und Arbeit zu beschaffen, für die Sicherheit zu sorgen und die Fortsetzung des Krieges zu vermeiden. In dieser Phase der Konsolidierung der Republik gelang doch ein demokratischer Neubeginn, obwohl der von der äußersten Linken und Rechten erbittert bekämpft wurde. Das große Ziel: „Kein Bürgerkrieg!“ konnte erreicht werden. „Modern und richtungweisend auch für andere Staaten“ sei die Weimarer Verfassung damals gewesen. Entscheidend war die Einführung des allgemeinen, gleichen und freien Wahlrechts, erstmals auch für Frauen. Die Pressezensur entfiel, es erfolgte die Trennung von Kirche und Staat. Eine Arbeitslosenversicherung wurde eingeführt. Traunstein z.B. erhielt 1928 ein Arbeitsamt in der Güterhallenstraße. Der Acht-Stunden-Tag bei 48 Wochenstunden wurde Gesetz.
Auch in Traunstein hing für kurze Zeit die rote Fahne aus dem Rathaus, um zu zeigen, dass die neue Regierung nicht bekämpft würde. Ein Arbeiterrat arbeitete mit der Stadtverwaltung eng zusammen, auch ein Soldatenrat existierte und im Landkreis bildete sich ein Bauernrat. Es gab also auch in der Provinz Aufbruch und Spannungen. Auch hier war die Zeit unruhig. Am 31. August 1921 erlebte Traunstein z.B. eine Großdemonstration wegen und gegen Teuerung und Not in der Stadt.
Mit einem Fanal endete die Weimarer Zeit: Am 31.Januar 1933 übergab der greise Reichspräsident Paul von Hindenburg die Kanzlerschaft an Adolf Hitler. Nach dem 2. Weltkrieg mit Chaos, Hunger, Vertreibung, Verlust von Heimat, Hab und Gut und Millionen Toten musste das Leben weitergehen: Bereits im Dezember 1946 gab sich Bayern eine neue Verfassung. Aus dem Verfassungskonvent am Chiemsee 1948 ging das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland hervor.
Abschließend zog Fritz Stahl Bilanz: „Die Weimarer Republik war Deutschlands erste Demokratie. Ihre Verfassung war damals die modernste der Welt. Sie führte Rechte ein, die uns heute selbstverständlich erscheinen. Sie trat aber auch ein schweres Erbe an, und sie scheiterte nicht, sie wurde mutwillig zerstört.“
In der Diskussion befürchtete Gerda Bartlechner, dass rechtes Gedankengut sich wieder in Deutschland ausbreiten könnte. Hier gelte es, den Anfängen zu wehren. Auch Edmund Niederlöhner stellte mit Unbehagen fest, dass etwa die AfD im Wählerpotential der etablierten Parteien fischt. Dagegen setzte Florian Himmelstoß Hoffnung auf die Jugend, die sich mehr und mehr aktiv in die Politik einmischt.
Abschließend bedankte sich Christian Mayer bei Fritz Stahl für das wegweisende Referat über einen Zeitraum der deutschen Geschichte, der auch nach hundert Jahren im Gedächtnis der Deutschen bleiben müsse.