Dreikönigstreffen

2016 | Mit 70 noch immer sehr aktiv

Kirchanschöring. Zum 70-sten Mal, in ununterbrochener Reihenfolge, trafen sich SPD Mitglieder, Sympatisanten und andere politisch Interessierte zum „Dreikönigstreffen“ in Kirchanschöring, diesmal beim Saliterwirt.

Der bis zum letzten Platz besetzte Saal bewies dabei, Totgesagte leben länger. Wie fast immer konnten die Kreisverbände der SPD für das BGL, mit dem Vorsitzenden Roman Niederberger und Traunstein, mit MdB Dr. Bärbel Kofler als Vorsitzender auch wieder ein sehr prominentes Mitglied ihrer Partei als Gastsprecher engagieren. Es war heuer der Oberbürgermeister von Bremen und Vorsitzender des Bremer Senats, Dr. Carsten Sieling. Dr. Sielings Positionen in Bremen machten ihn auch automatisch zum Äquivalent des Ministerpräsidenten eines Bundeslandes, wie nicht ohne Stolz betont wurde.

Als der Ortsvorsitzende der SPD begrüßte Guido Hillebrand die hochrangigen Gäste, neben Sieling, Kofler und Niederberger saß auch auch MdL Günther Knoblauch auf dem Podium. Hillebrand erinnerte in seiner Begrüßung daran, dies sei das 70. Dreikönigstreffen der SPD hier in Kirchanschöring in Folge und fast immer sei es dabei gelungen Gäste von weit überregionaler Bedeutung, wie Franz Müntefering, Olaf Scholz und viele weitere als Sprecher zu haben. Dr. Bärbel Kofler begrüßte auch den Kirchanschöringer Bürgermeister Hans-Jörg Birner (CSU), den Bürgermeister der Nachbargemeinde, Johann Schild und den Traunsteiner Oberbürgermeister, Christian Kegel, beide SPD. Des Weiteren wurden mehrere Gemeinde- und Stadträte aus der Umgebung willkommen geheißen.

DreikönigstreffenIMG_0313
MdB Dr. Bärbel Kofler zeigte sich sehr erfreut über den zahlreichen Besuch und das Interesse am 70-sten Dreikönigs-Jubiläumstreffen der SPD in Kirchanschöring

Als MdB und Kreisvorsitzende sagte Kofler, wir hätten weltweit ein sehr bewegtes Jahr hinter uns. Begonnen habe es mit der Terroristen Attacke auf das Satiremagazin Charlie Hebdo in Paris und Terrorismus, Kriege und die dadurch entstehende Flüchtlingsfrage hätten uns in Folge das ganze Jahr über, sowohl in der Politik, als auch der Öffentlichkeit als Ganzer, extrem beschäftigt. Diese Dinge hätten auch gezeigt, wie globalisiert die Welt heute ist und wie abhängig auch Europa und unsere Region vom Weltgeschehen seien.

Als Beispiel nannte Kofler hier die wiedereingeführten Grenzkontrollen nach Österreich. Diese Kontrollen führten vor Augen, wie wertvoll die Errungenschaften eines vereinten Europas gewesen sind, meinte die Abgeordnete und wir bräuchten ein mehr Miteinander in Europa, wenn wir die bestehenden und auf uns zukommenden Probleme in den Griff bekommen wollen.

Kofler hob auch die Erfolge hervor, die auf Betreiben der SPD erreicht worden sind, wie den Mindestlohn. Es sei von anderen Parteien, wie der CSU, davor gewarnt worden, dieser könne Arbeitsplätze und damit die gesamte Wirtschaft gefährden. Mit so lächerlichen Argumenten, wie Gurken und Spargel würden unbezahlbar wurde dagegen gekämpft. Das Gegenteil sei aber eingetreten. Wir haben weniger Arbeitslose und die Arbeitsplätze hätten sich um 130000 vermehrt, weil Menschen durch das höhere Lohnniveau wieder eine Perspektive bekommen, sagte Kofler. Es lägen aber noch viele Probleme, sowohl interne, als auch externe, wie die Flüchtlingsfrage, Werksverträge, Krankenkassenbeiträge und mehr vor uns und Lösungen dafür müssten gefunden werden. „Wir als SPD, werden dazu beitragen diese Lösungen zu finden“, versprach die Abgeordnete.

MdL Günther Knoblauch gratulierte den OrganisatorInnen zuerst zu diesem offensichtlich erfolgreichen Treffen. Auch er betonte aber die Schwierigkeiten, die noch vor Politik und Gesellschaft liegen. Diese stellten große Herausforderungen dar und die SPD müsse sich in die Lösungen dazu einbringen. In sozialer Hinsicht gebe es auch, besonders in Bayern, viel Nachholbedarf, meinte Knoblauch. In der Flüchtlingsfrage brauche es Beauftragte um die ehrenamtlichen HelferInnen zu unterstützen. Dafür müsse vor allem der Bund genügend Mittel zu Verfügung stellen und die SPD soll und werde Druck ausüben um das zu erreichen. Es müsse auch mehr getan werden, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, sowohl für Einheimische, als auch Flüchtlinge. Zudem bestehe Verbesserungsbedarf bei Bildung und Schulen vor Ort. Zur Flüchtlingsfrage meinte Knoblauch, statt Waffenverkäufen sollte wirksame Entwicklungshilfe geleistet werden, so dass Menschen in diesen Ländern keinen Grund hätten zu fliehen.

DreikönigstreffenIMG_0344
von links: Ortsvorsitzender Guido Hillebrand, SPD Kreisvorsitzender im BGL, Roman Niederberger, SPD MdB und Kreisvorsitzende Traunstein, Dr. Bärbel Kofler, der Bremer Bürgermeister und Senatspräsident, Dr. Carsten Sieling und SPD MdL Günther Knoblauch.

Mit einem „Moin Moin‘“ begrüßte Sieling die Gäste. Das sei nicht nur ein „Guten Morgen“ Gruß, ließ er wissen, sondern damit wünschten die Nordlichter den ganzen Tag über eine „Gute Zeit“. Sieling gratulierte ebenfalls den OrgansiatorInnen dieses Treffens. Es sei ein großer Erfolg, meinte er, ein solches Treffen ununterbrochen für 70 Jahre zu veranstalten.

Das sei auch der Fall mit der SPD als Regierungspartei in Bremen, im Gegensatz zur CSU in Bayern, obwohl sich diese sich hier gerne als unüberwindbar betrachte. Bayern sei zwar ein sehr erfolgreiches Land, meinte Sieling, für den Export bayerischer Güter seien aber die Nordseehäfen, wie Bremerhafen, unerlässlich.

Zum Thema Länderausgleich bemerkte Sieling, es sei wahr, Bayern trage jetzt dazu überproportional bei, aber früher, nach dem Krieg hätten die Nordländer Bayern sehr geholfen und die gegenseitige Hilfe zwischen den Ländern sei in der Bundesrepublik als Bestandteil der Zusammengehörigkeit festgeschrieben. Länder wie Bremen bedürften auch der Hilfe, denn die Bevölkerung dort sei bei weitem nicht so einheitlich wie z. B. in Bayern. In manchen Schulklassen würden dort bis zu sieben verschiedene Sprachen gesprochen, was große Belastungen für das Schulsystem darstelle und übermäßige finanzielle und andere Ressourcen in Anspruch nehme. Zudem seien, zumindest die Hochschulen in Bremen gar nicht so schlecht, denn es sei die Universität Bremen gewesen, die dem Lügenbaron, in diesem Fall nicht von Münchhausen, sondern von Guttenberg auf die Schliche gekommen sei.

Für die Beschreibung des Vorstoßes des bayerischen Ministerpräsidenten Seehofer, die Flüchtlingszuwanderung auf 200000 im Jahr zu begrenzen, hatte Sieling nur Spott übrig. Das sei ein „Schmarrn“, meinte Sieling. Niemand wisse wie sich Situationen entwickeln würden und eine feste Zahl als Grenze zu nennen sei unverantwortlich. Weltweit seien z. Z. mehr als 50 Millionen Menschen auf der Flucht und diesem Umstand müsse mit anderen als festen Zuwanderungszahlen begegnet werden. „Wir dürfen nicht verzagt an Dinge herangehen, sondern müssen versuchen sie mit Mut und Weisheit zu lösen“, sagte Sieling. Zudem würden in Bayern ohnehin ein Prozent weniger Flüchtlinge aufgenommen als die Quote zwischen den Bundesländern vorsehe, während es in Bremen um 14 Prozent mehr seien und auch die anderen nördlichen Bundesländer und Berlin alle über ihren Quoten lägen.

Zur Flüchtlingsfrage meinte Sieling weiter, die Flüchtlinge kämen nicht freiwillig, sondern weil die Lebensbedingungen in den Herkunftsländern untragbar seien. „Wir müssen nicht nur Europa stabilisieren, sondern auch darüber hinausschauen und es in anderen Ländern fertigbringen“, sagte Sieling. Beim Asylrecht beschuldigte Sieling das Bundesinnenminsterium es „verschlafen“ zu haben, klare Regeln zu schaffen und genau festzulegen, wer gehen müsse und wer bleiben dürfe. Wo humanitäre Hilfe nötig sei, müsse geholfen werden, zugleich müssten die Zuzügler aber auch unsere rechtsstaatlichen Regeln beachten und ihnen folgen.

Wir müssen auch für angemessenen und bezahlbaren Wohnungsbau für Einheimische und Flüchtlinge sorgen. Der kommunale Wohnungsbau sollte nicht privatisiert werden, denn dann zähle nur der Profit und lasse soziale Gesichtspunkte außer Acht. Als Negativbeispiel wurde hier das Debakel mit der Bayerischen Landesbank angeführt, durch die „Viel Tafelsilber verscherbelt wurde“. Als Alternative zu Privatisierungen offerierte Sieling die Idee der Wohnungsbaugenossenschaften, die, wenn Steuer- und Förderungsmäßig richtig eingesetzt würden, viele Möglichkeiten böten.

Auch in der Frage des Familiennachzuges für Flüchtlinge griff Sieling die CSU scharf an. Es sei doch in der Geschichte immer so gewesen, dass die Männer vorausgeschickt wurden, die, wenn sie sich einigermaßen etabliert hatten, ihre Familien nachholten. Sieling nannte als Beispiele Amerika und andere Länder und Kontinente, die sich durch Einwanderung entwickelt haben. Wenn dies nicht ermöglicht werde, entwickelten sich Konflikte.

Mit ihren Forderungen wolle die CSU mit der AfD konkurrieren, behauptete Sieling. Wenn dem nicht Einhalt geboten werde, werde das in einer Negativspirale enden, in der sich die rechten Parteien zu überbieten versuchten, meinte der Bremer. Auf die AfD sollte ohnehin der Bundesverfassungsschutz angesetzt werden. Es seien die Kommunen und Kreise, die als Abwehr gegen die „Rechten“ gestärkt werden sollten, denn diese Strömungen fingen auch auf lokaler Ebene an.

DreikönigstreffenIMG_0341
Der Kreisvorsitzende der SPD im BGL, Roman Niederberger, überreichte diesen Korb mit regionalen Spezialitäten an Bürgermeister und Senatspräsidenten Dr. Carsten Sieling, den Gastredner aus Bremen

Ein wichtiger Aspekt sei es auch Löhne so anzupassen, dass davon gelebt werden könne und auf eine Ebene zu heben, von der aus es möglich sei Steuern und Abgaben zu bezahlen um zum sozialen Gefüge beizutragen. Obwohl es in einer modernen Wirtschaft nötig sei, Dinge wie Zeit- und Leiharbeit zu haben, um die nötige Flexibilität zu gewährleisten, gehe es nicht an 20 – 25 Prozent der Arbeiter dauerhaft in solchen Situationen zu belassen und die SPD werde alles daransetzen, dies zu ändern. Es sei auch ein Fehler gewesen, gab Sieling zu, die Parität bei Sozialversicherungen abgeschafft zu haben. Schon Bismark wusste, es sei sozial unverträglich in dieser Beziehung die Parität zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer in Frage zu stellen.

In der den Reden folgenden Diskussion wurde ebenfalls die Situation auf dem Wohnungsmarkt angesprochen. Dabei pflichteten mehrere der Teilnehmer Sieling in der Forderung bei, beim sozialen Wohnungsbau wieder vermehrt auf Genossenschaften zu setzen. Zu einer Frage über das Handelsabkommen TTIP meinte Sieling, das gehe gar nicht, in der Art und Geheimnistuerei, mit denen gegenwärtig verhandelt werde. Unsere Standards müssten geschützt und dürften nicht vermindert werden. Als großes Problem sah Sieling dabei, wie die EU-Kommission zu Werke gehe. Überhaupt habe sich die Globalisierung als „Wildwuchs“ erwiesen, der so nicht weiter gehen könne. Niemand sei gegen Handel, aber er müsse geordnet und mit festen Regeln stattfinden, meinte Sieling.

Zu einer Frage über Renten antwortete Sieling, die Einzahlungen müssten gerecht sein und es müsse für Reiche unmöglich gemacht werden, durch Steuerschlupflöcher und andere Möglichkeiten der Steuerminimierung sich aus ihrer sozialen Verantwortung zu stehlen. Vor Allem sollte aber auch ein „Ruck“ in der Gesellschaft stattfinden, durch den es einen politischen Wandel von Unten gebe. Politik die nur von Oben gemacht werde, sei keine gute Politik, meinte Sieling abschließend.

Die OrganisatorInnen, Kofler, Niederberger und Hillebrand zeigten sich sehr erfreut über den zahlreichen Besuch und das offensichtlich große Interesse an diesem 70-sten Jubiläumstreffen und übereichten dem Gastredner, Dr. Carsten Sieling einen Geschenkkorb mit regionalen Spezialitäten. Wie schon zu Beginn der Veranstaltung spielte auch am Ende Adrian Hillebrand, Sohn des Ortsvorsitzenden, sehr gekonnt, einige weihnachtliche und bayerische Weisen auf seiner „Ziach“.

Text und Fotos: Alois Albrecht